„Der beste Kampf ist der Kampf, den du nicht kämpfen musstest.“
Workshop – Deeskalation mit Shakiba Siddiqui
Der Oktober 2019 war der Startkopf für unsere Workshopreihe mit dem Titel „Believe in yourself“.Den Anfang machte die Religionspädagogin Shakiba Siddiqui mit einem Workshop zum Thema „Deeskaltionstraining“. Der Tag war in drei Blöcken gegliedert. Im ersten Block haben wir Grundlagen der Kommunikation übermittelt bekommen, die wir im dritten Block in Praktischen Übungen anwenden konnten. Der zweite Block bestand aus einer Fragerunde sowie aus einer geselligen Mittagspause.
„Der beste Kampf ist der Kampf, den du nicht kämpfen musstest.“ Dieses Motto zog sich über die Grundlagen der Deeskalation hinweg, den Deeskalation wird als eine Art Selbstschutz betrachtet. Dabei spielen die verbale als auch die nonverbale Kommunikation eine bedeutende Rolle. Die verbale Kommunikation beinhaltet die Inhalts- und Beziehungsebene einer Konversation. Die nonverbale Kommunikation dahingegen betont die Mimik, die Gestik, die Blicke, die Pantomimik und das Beiwerk. Das Beiwerk beschreibt die Signale, die man im ersten Eidruck direkt ausstrahlt. So könnte beispielsweise die schöne Ausstrahlung einer Person ein Beiwerk ihrer nonverbalen Kommunikation sein. In unserem Kontext ist unser Kopftuch (arab. Hijab) eines unserer Beiwerke, auf dass uns leider noch immer viele Mitmenschen unserer Gesellschaft runterreduzieren. Dabei ist es aber wichtig zu wissen, dass Menschen ganz unterschiedliche Beiwerke zur selben Zeit haben können und wir als Person einen Einfluss darauf nehmen können, welches Beiwerk nun zuerst hervorstecht. So kann man beispielsweise mit verbalen Hilfsmitteln z.B der Sprache, ein anderes Beiwerk, wie zum Beispiel das Kopftuch, überdecken. Auch die eigene Persönlichkeit kann durch verbale Kommunikationsstrategien, wie zum Beispiel durch Schlagfertigkeit oder Humor, in den Vordergrund gerückt werden.
Ein weiterer Aspekt, der die Bedeutung der nonverbalen Kommunikation in den Vordergrund stellt, ist der, dass das Nonverbale bei einer Botschaft 57 % ausmachen, d.h. mehr als die Hälfte. Nur 7 % kommen dem verbalen Inhalt zu.
Auch die gewaltfreie Kommunikation kann dazu genutzt werden, um deeskalierend auf Gesprächspartner*innen zu wirken. Dabei wird darauf geachtet, die Gefühle des Gegenübers anzuerkennen und die emotionale Sicherheit sowie ein gewisses Vertrauen der anderen Person zu wahren. Dabei können wir ebenfalls die Quelle der prophetischen Kommunikation nutzen, denn der Prophet Muhammad (Segen und Frieden seien auf ihm) ist auch in sehr heiklen Situationen und Konversationen sehr vorbildlich und ruhig mit seinen Mitmenschen umgegangen, um die Situationen zu deeskalieren.
Darüber hinaus hat das Thema Selbstdeeskalation einen großen Raum eingenommen, da nicht nur das Gegenüber einen Beitrag dazu leisten kann eine Eskalation zu verhindern, sondern man selbst auch einen großen Teil dazu beitragen kann. So ist beispielsweise das weit verbreitete Phänomen, man solle seiner Wut freien Lauf lassen, gar nicht wissenschaftlich fundiert. Eine bessere und deeskalierendere Variante ist es seine Wut zu absorbieren. Dabei steht die Frage: “Wie gehe ich mit mir selbst um?“ im Mittelpunkt, denn um die Wut absorbieren zu können, müssen wir zunächst einmal an unserer inneren Geisteshaltung arbeiten. Dabei kommt unserem Gehirn ebenfalls eine zentrale Rolle zu, da dieses unser größter Filter ist. Dieser Filter hat eine extreme Macht auf uns und auf andere, denn der Filter entscheidet, wie wir unsere Welt sehen und wahrnehmen.
Zum Abschluss des theoretischen Teils hat uns die Religionspädagogin die drei (De-) Eskalationsstufen vorgestellt, die sich in die visuelle, verbale und taktile Phase gliedern lassen. In der visuellen Phase ist es vor allem wichtig auf eigener Augenhöhe zu schauen und am besten einen Punkt im Gesicht auf dieser Höhe zu fixieren, um nicht eingeschüchtert oder beängstigt zu wirken. Auch die Körperhaltung kann deinem Gegenüber Signale senden, weshalb diese in solchen heiklen Situationen aufrecht, entspannt und ruhig sein sollte. In der Verbalen Phase kann man auf Faktoren wie Stimme, Sprachtempo, Lautstärke und Atmung achten, da diese ebenfalls Signale an das Gegenüber senden können, die entweder eskalierend oder deeskalieredn auf ihn/sie wirken. In der taktilen Phase sollte man in drohenden Situationen den Körperkontakt mit der anderen Person vermeiden und zum Selbstschutz die Distanz immer weiter vergrößern. Auch sollte man seine Grenzen ganz klar machen und bei deutlichen Grenzüberschreitungen keine Scheu haben, die Polizei zu involvieren.
Nach einer geselligen Mittagspause mit einem leckeren Büffet ging es weiter mit dem zweiten, praktischen Teil des Workshops. Hierbei konnten wir das Gelernte in die Tat umsetzen und uns in verschiedenen praktischen Übungen ausprobieren.
So sollten wir in der ersten Runde einige Beispielaussagen nach den Regeln der gewaltfreien Kommunikation formulieren. Dabei ist es von besonderer Wichtigkeit darauf zu achten, die Gefühle des Gegenübers nicht zu verletzen. Empathie ist hier ein ganz wichtiges Stichwort, denn wer empathisch wirkt, der wirkt auch deeskalierend.
Weiterhin haben wir eine deeskalierende Kommunikation in der S-Bahn/Bus geprobt. Dabei sind wir zum Ergebnis gekommen, dass man in brenzlichen Situationen immer eine Person konkret um Hilfe bitten und somit Zivilcourage erfragen sollte, denn je mehr Leute es hören, desto weniger fühlen sich angesprochen. Darüber hinaus ist es wichtig bei Diskussionen, die nur auf Provokation aus sind, nicht auf die Inhaltsebene zu gehen und diese solche am besten ganz zu unterlassen. Ebenfalls ist es hilfreich, denn Täter oder die Täterin immer mit „Sie“ anzusprechen, da man somit eine Distanz zu ihm/ihr wahrt. In bedrohlichen Situationen sollte man keine Scheu haben die Polizei zu informieren, denn die ist für solche Situationen da.
Auch ist es wichtig bewusster durchs Leben zu gehen und dabei seine Umwelt bewusst wahrzunehmen und auf diese achten. Wachsamkeit und Achtsamkeit sind hierbei zwei ganz wichtige Punkte, die in unserer heutigen digitalisierten Welt leider zu kurz kommen, in manchen Situationen jedoch lebensrettend sein können.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Workshop ein voller Erfolg war. Der Tag war eine gute Mischung aus Theorie und Praxis und hat ein Thema behandelt, welches einen ganz wichtigen Stellenwert in unserer Gesellschaft einnimmt, vor allem dann, wenn man noch immer auf Grund äußerer Merkmale in solche heiklen Situationen kommt. Durch den Workshop konnten wir neue Strategien und Lösungsvorschläge mitnehmen, die wir direkt in unserem Alltag umsetzen können. Somit war es ein toller Start in unsere Workshop – Reihe und wir freuen uns schon tierisch auf den nächsten lehrreichen Tag.